Moisei ist eines der traditionellen Dörfer, die nicht nur in der Marmarosch in aller Munde sind. Die Holzkirche in der Dorfmitte stammt aus dem 16. Jahrhundert, und mindestens aus dieser Zeit stammen auch all die Volksbräuche und handwerklichen Fähigkeiten der Bewohner.

Hier finden alljährlich die traditionellsten Bauernhochzeiten und Beerdigungen statt, ist religiöse Frömmigkeit noch unter jedem Dach zu Hause. Aber auch die jüngsten Mädchen werden hier, leider oft genug noch unfreiwillig, unter den besorgten Augen der Großeltern zum "Wohle der Familie" verkuppelt. Dafür gibt es als Belohnung am Ende ein schönes Fest, daß Teile des Dorfes nicht selten drei arbeitsfreie Tage beschert. Dann werden ganze Masteinheiten Vieh für die hunderte Gäste zählende Hochzeitsgesellschaft zu deftigen Speisen verkocht. Noch legendärer als die in so kurzer Zeit aufgezehrten Viehherden sind vielmehr jene, anläßlich der Hochzeit vertrunkenen Schnapsmengen! An solchen Tagen gilt, was in den Nächten ohnehin höchste Priorität besitzt: Vorsicht und (allerdings nicht für jeden) gegenseitige Rücksichtnahme im Straßenverkehr!

Auf den Straßen der Marmarosch herrschen längst schon "kapitalistische Freiheiten". Das Gesetz des Stärkeren und, viel häufiger, das Gesetz des Betrunkeneren finden eine, sich quer durch breite Bevölkerungsgruppen ziehende Zustimmung. (Das muß leider so überspitzt formuliert werden.)

Der vielleicht schönste Tag im Jahr der Moiseier ist der 15. August, "Maria Himmelfahrt". An diesem Tag strömen abertausende Menschen aus allen Himmelsrichtungen nach Moisei zu einer Wallfahrtskirche oberhalb des Dorfs. Sie ist, vom Weg nach Sacel links abgebogen, nach etwa 5 km zu erreichen. Das bunte Treiben ist eine Mischung aus orthodoxer Frömmigkeit und lustigem Kommerz. Den Weg zur Kirche säumen an diesem Tag Verkaufsstände, nur unterbrochen von bettelnden Behinderten, oder solchen, die es vorgeben, welche zu sein. Ist die Kirche erreicht, beginnt das eigentliche Gedränge. Jetzt schiebt und drückt sich das religiös erregte Volk durch die viel zu kleinen Kirchentore. Wer das Tor unbeschadet passiert, fühlt sich schon fast wie im Himmelsreich. Die überall hinter kleinen Verkaufstischen stehenden Popen bieten "unaufdringlich" Maria-Bildnisse feil. Damit sich der mühevolle Weg auch lohnt, ist das Angebot weit gefächert, wird an jeden Geschmack gedacht. Selbst Musikkassetten aus dem Moldaukloster Putna können gekauft werden, es sei denn, man hat für orthodoxe Liturgie nichts übrig. Leider besitzen die Bauern der Marmarosch in der Mehrzahl keinen Kassettenrecorder zum Abspielen der weltentrückten Gesänge.