Obcina

Höhe: 1000 Meter über Null,

Bevölkerung: Ruthenen, Konfession: russisch-orthodox
Sprache. Ruthenisch (teilweise auch Rumänisch)
Verdienstmöglichkeiten: Tierzucht, Heu, Waldarbeit, Kräutersammeln, Käserei, Böttcherwaren
Versorgung: größtenteils Selbstversorger, Zukauf von Öl, Seife und Mehl aus Poiana de Sub Munte (1 Stunde bergab und 2,5 Stunden bergauf), manchmal aus Viseu de Sus (4 Stunden)

Lage: Auf dem Paß vom Valea Vinului kommend (Fußweg ca. 3,5 Stunden) Richtung Poiana de Sub Munte

Klima

Das Klima im Untersuchungsgebiet ist das Kontinentalklima. Es gibt keine mir bekannten meteorologischen Messungen in Obcina, deshalb möchte ich hier (vergleichsweise) gesicherte Klimadaten aus Viseu de Sus (dt. Oberwischau) anführen. Dieser Ort liegt allerdings 500 Meter unterhalb Obcinas, weshalb die klimatischen Verhältnisse deutlich milder ausfallen dürften.
Viseu de Sus (dt. Oberwischau) liegt in einer durchschnittlichen Höhe von 427 Meter über dem Meeresspiegel und auf einem Gebiet von 41.854 Hektar Land. Die mittlere jährliche Durchschnittstemperatur liegt zwischen 6-9 Grad Celsius. Der wärmste Monat ist der Juli mit einem Mittel von 20 Grad Celsius. An durchschnittlich 170 Tagen im Jahr fällt Niederschlag, davon an 30 Tagen im Jahr als Schnee. Die niedrigste gemessene Temperatur betrug am 26. Januar 1954 minus 36,6 Grad Celsius. An 70 Tagen im Jahr herrscht Frost, an 10 Tagen tropische Hitze, an 69 Tagen im Jahr liegt Schnee in einer durchschnittlichen Höhe von 15 cm.


Konfessionelle und ethnische Lage

Obcina wird ausschließlich von Ruthenen (ruteni) bewohnt. Ruthenen gelten, anders als ihre in den höheren Bergregionen lebenden Nachbarn, die Huzulen, als eigentliche Talbewohner. Sie gelten als ein sanftes und friedliches Volk, das dem Leben gegenüber gelassen und fatalistisch eingestellt ist. Ihre Lebensmaxime ließe sich in ihrem Kommentar zu jeglichem Mißgeschick " Taka Bozha wola – Alles ist Gottes Wille" ähnlich zusammenfassen, wie ihre rumänischen Nachbarn oft und gerne mit dem Ausspruch "Ce sa facem, asta-i viata – Was kann man machen, so ist das Leben" jene, nur allzu oft enttäuschten Hoffnungen auf einen Punkt zu bringen versuchen.
Die Ruthenen Obcinas sind ukrainisch-orthodoxen Glaubens. Sie besitzen in ihrer Siedlung keine Kirche, weshalb sie in den Sommermonaten an Sonn- und Feiertagen gelegentlich zu den Gottesdiensten nach Poienile de sub Munte absteigen. Eine nicht unbeträchtliche Zahl der Ruthenen von Poienile de sub Munte zählen sich konfessionell zu den Sieben-Tags-Adventisten. Diese stark gläubigen, ruthenischen Männer tragen als augenfälliges Merkmal brustlange Bärte. Einige Ruthenen sind bestrebt, in letzter Zeit wieder zum römisch-katholischen Glauben überzutreten, dem sie vor der kommunistischen Zeit mehrheitlich angehörten.

Obcina ist vor etwa 100 Jahren aus einigen zu Poienile de sub Munte gehörenden Senn- und Heumahdhütten entstanden. Als ersten Bewohner und Gründer der Siedlung benennen die heutigen Siedler übereinstimmend einen gewissen Herrn Vegher. Aus jener Zeit begründen sich die vielen verwandschaftlichen Beziehungen zwischen den Familien heutiger Zeit. Ehemals gehörte der Grund und Boden der Siedlung zum Valea Vinului (Weintal), denn der die Täler Valea Misica (aufwärts von Poienile de sub Munte und das Tal Valea Vinului (aufwärts von Viseu de Mijloc) trennende Pass liegt etwas abseits der hauptsächlichen Siedlungsfläche. Jener Bauer Veger habe damals, so die Aussage Vasile Severas, den Weintalern (Valea Vinului) das entsprechende Land abgekauft.
Der Hochalmbetrieb erfordert den Bau festerer Unterstände bzw. witterungsfester Unterkünfte. Solche Siedlungen sind anfangs noch deutlich von ihren Mutterdörfern in der Ebene oder in den angrenzenden Tälern abhängig. Auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt bestehen noch viele dieser ehemaligen Verbindungen. Einige Bewohner ziehen oder zogen sich in den Wintermonaten mit ihren Kindern in den meist komfortableren Zweit- bzw. Erstwohnsitz nach Poienile de sub Munte zurück. Diese Bindungen lösen sich nach einiger Zeit, und machen sich selbstständig.
Die Entfernung zum Mutterdorf und die Unzulänglichkeit des Geländes sichern den Bewohnern Obcinas eine gewisse, nicht zu unterschätzende Unabhängigkeit. Das Gefühl der Freiheit und der als angenehm empfundene Zustand der Unmöglichkeit eines staatlichen Zugriffs und Kontrolle sowie der Zwang zur Selbstverpflegung (keine Geschäfte und Kneipen heißt auch keine Geldausgaben beim chronischen Geldmangel heutiger Zeit) begünstigten daher die Festigung und Ausweitung der Siedlung in seiner heutigen Form. Die sich in den letzten Jahren in den Tälern verschlechternden Lebensbedingungen wie Arbeitslosigkeit, Geldmangel, Abbau sozialer Einrichtungen, Umweltkatastrophen, die Aussichtslosigkeit ihrer Situation, der sich Tausende Menschen gegenwärtig in Poienile de sub Munte ausgeliefert sehen, das Sich-Selbst-Überlassensein und soziale Elend der Bevölkerung, verursacht durch die Unbeweglichkeit und Unfähigkeit der Beamten des rumänischen Staates, ihren auch in abgeschiedenen Gebieten lebenden Bürgern eine Perspektive zu geben, Alkoholismus und Armut sowie eine Vielzahl weiterer Faktoren lassen die Menschen vermehrt ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen. Einerseits die zu verzeichnende Abwanderung der überwiegend jüngeren Menschen in die rumänischen Städte auf der Suche nach Arbeit und bequemeren Lebensbedingungen, oder gar die größtenteils illegale Auswanderung und damit erschwerte Rückkehr in die reicheren Länder Europas auf der Suche nach dem schnell und leichter zu verdienenden Geld, andererseits die entgegengesetzte Tendenz zur gläubig-zurückgezogenen, fast bargeldlosen Lebensweise der älteren Menschen mit den ihnen zur Pflege und Erziehung überlassenen Enkelkindern wie in Obcina sind Faktoren, die auf einen Übergang Obcinas von einer Streusiedlung zum Haufendorf nicht ohne Einfluss bleiben werden.
Ein weiteres Hindernis für eine absehbar dauerhafte Ansiedlung ist das nur schwer zu lösende Problem, jene in den Sommermonaten gemähten und getrockneten Heuvorräte eigens für die Winterfütterung nach Poienile de sub Munte abzutransportieren. Praktisch werden die Heuvorräte an Ort und Stelle in großen Heuschobern gelagert und allmählich im Winter an die oben belassenen Tiere verfüttert. Erst wenn diese Futtervorräte in Obcina aufgezehrt sind, ziehen sich einige Familien im für gewöhnlich strengen Winterabschnitt nach Weihnachten/Silvester bis zum Frühjahr für wenige Wochen ins Mutterdorf zurück.
Noch vor Jahren siedelten sich frisch verheiratete Paare bestimmter Familien aus Poienile de sub Munte in den Heumahdhütten von Obcina an, um ihre eigenen Familie zu gründen und dafür über selbstbestimmten Platz zu verfügen. Damals wurde auch die Vielzahl der Gebäude, Wohnhäuser und Stallungen errichtet. Auf diese Weise konnte ohne Streitigkeiten und komplizierte Besitzaufteilungen mit einer Familienvergrößerung umgegangen werden. Jetzt ist in Obcina bei einigen Familien wieder der entgegengesetzte Fall eingetreten, dass die inzwischen selbstständig gewordenen Kinder in die wieder freistehenden Häuser nach Poienile de sub Munte zurückziehen.

Statistik zu Poienile de sub Munte

Fläche gesamt: 29.400 ha
davon bewaldete Fläche: 18.700 ha
davon landwirtschaftlich genutzte Fläche: 9.740 ha

Angaben 1992
Anzahl der Bewohner (total): 10.593
davon Männer: 5.535
Frauen: 5.094
Anzahl der Bewohner
rumänischer Nationalität: 250
ungarischer Nationalität: 25
ukrainischer Nationalität: 10.204

Angaben 1999
Anzahl der Bewohner (total): 10.649
Anzahl der Häuser: 2712
Anzahl der öffentlichen Gebäude. 14

Auch aus traditionellen Gründen, die ihre Ursachen wiederum in der gebirgstypischen Besiedlungsform und den sich daraus ergebenen Hofanlagen und viehwirtschaftlichen Bewirtschaftungen haben, ist die in Obcina noch bestehende Form der Streusiedlung an der Grenze zum Übergang in ein Haufendorf die bisher praktikabelste Form geblieben. Auflösungsprozesse, die sich beispielsweise in einer Abkehr der jüngeren Generation von den traditionellen Werten ihrer Eltern äußern, konnten bisher noch keinen großen Einfluß auf die Besiedlungsstärke Obcinas ausüben. Ausnahmen bestätigen die Regel: Beispielsweise wollen dieses Jahr Maria Kut mit Ihrem Mann Nicolae Bilici nach Stiuca ins Banat umziehen. Die Banater Gemeinde Stiuca - etwa 20 km von Caransebes bzw. Lugoj entfernt - ist gegenwärtig populärer Neusiedlungsraum hunderter ehemaliger Bewohner von Poienile de sub Munte. Auch Irina Kut, älteste Tochter von Stefan und Haffia Kut, lebt dort seit einigen Jahren gemeinsam mit ihrem Mann und zwei Kindern.
Das Besondere in Obcina ist die hohe Anzahl der Kinder in den Familien. Der sprichwörtliche Kinderreichtum der ruthenischen Familien hat in Obcina seine Bestätigung gefunden.